Maris Treben, Meine Erfahrungen mit Heilkräutern
Kamille
Es ist keine Übertreibung, wenn ich die Kamille als »Allheilmittel«, besonders bei Kleinkindern, anführe. In jedem Falle sollte man dem Kind Kamillentee verabreichen, vor allem bei Krämpfen und Leibschmerzen. Er hilft bei Blähungen, Durchfall, Ausschlägen, Magenleiden und -verschleimung, bei Menstruationsstörungen wie dem Ausbleiben der monatlichen Regel, bei Schlaflosigkeit, Wund- und Zahnschmerzen.

Der Schweizer Kräuterpfarrer und Naturarzt Johann Künzle erzählt von einer Frau im Dorf, die man die »Kamillenhexe« nannte und die die Kranken in ihren Nöten aufsuchten: Fünf Schwerhörigen verhalf sie wieder zu ihrem Gehör, indem sie eine Meerzwiebel, Urginea maritima, (erhältlich in Gärtnereien) in Kamillenöl briet und dann das warme Öl öfters ins Ohr tropfen ließ. Die »Kamillenhexe« brachte zudem gelähmte Glieder durch Kamillenöl-Einreibungen wieder in Bewegung. Gegen Augenschmerzen ließ sie Kamillen in Milch sieden und als warmen Umschlag über die geschlossenen Augen legen, die dann in kurzer Zeit heilten. Und weiter berichtet Pfarrer Künzle: »Ein Weber konnte nur noch sitzend schlafen; er glaubte, ersticken zu müssen. Die Kräuterfrau sah sich den

Mann an und meinte, bei ihm gehe kein Wasser ab, was er bejahte. Er musste sofort eine große Flasche Wein, der mit Kamille gesotten war, trinken, morgens und abends je ein Glas voll. Es ging eine unglaubliche Menge Urin ab, zuerst trüb, dann immer klarer; nach acht Tagen war er geheilt.«

Wußten sie schon?
Die entzündungs -hemmende und wundheilende Wirkung der Kamille ist in einer Reihe von Studien wissenschaftlich belegt worden. Auch die überlieferte Erfahrung der beruhigenden Eigenschaften der Kamille hat inzwischen ihre wissenschaftliche

Bestätigung gefunden: Die dämpfende Wirkung auf das zentrale Nervensystem geht auf das Apigenin zurück.

Die Kamille
wirkt schweißtreibend, beruhigend und krampflösend, außerdem
desinfizierend und entzündungshemmend bei Entzündungen aller Art, besonders bei jenen der Schleimhäute. Äußerlich verwendet man die Kamille für Umschläge und Waschungen bei entzündeten Augen, Bindehautentzündungen, bei juckenden und nässenden Hautausschlägen, zum Gurgeln bei Zahnschmerzen, zu Waschungen von Wunden. Sehr zu empfehlen ist ein trockenes Kräuterkissen als warme Auflage auf schmerzende Stellen . Beruhigend auf uns wirken Kamillenbäder und -Waschungen, die besten Einfluss auf das gesamte Nervensystem haben. Nach schweren Erkrankungen oder Erschöpfungszuständen werden Sie sich bald wohlfühlen und innere Ruhe verspüren. Auch bei Ihrer Schönheitspflege sollten Sie die Kamille nicht vergessen: Wöchentlich einmal ein Gesichtsbad mit Kamillenabsud, und Sie werden sehen, wie Ihre Haut aufblüht und Sie eine frische Gesichtsfarbe erhalten. Auch zur Haarpflege sollten Sie Kamillenabsud verwenden, besonders, wenn Sie blondes Haar besitzen. Durch solche Waschungen wird Ihr Haar duftig und erhält einen schönen Glanz. Kamille erleichtert den Stuhlgang, ohne abführend zu wirken und ist so indirekt zur inneren Behandlung von Hämorrhoiden geeignet, die mit Kamillensalbeauch äußerlich behandelt werden können. Auch zur Wundheilung kann man diese Salbe verwenden. Schnupfen und Nebenhöhlenkatarrh bessern sich bald, wenn man Kamillendämpfe einatmet. Nach ein solchen Behandlung muss man selbstverständlich im Warmen bleiben.Kamillenöl (► Seite 57) verwendete man schon in der Antike zum Einreiben bei Neuralgien und Gliederreißen. Bei Kamille wegen ihrer fieber- und hitzedämpfenden Kraft als die Blume des Sonnengottes. Der Name Matricaria leitet sich vom Lateinischen »mater« = Mutter ab; war doch das Mutterkraut bei Krankheiten der Mütter und Frauen im Gebrauch. In alten Kräuterbüchern liest man, dass das Kamillenöl die Müdigkeit der Glieder wegnimmt und Kamillen, im Wasser gesotten, auf die kranke Blase gelegt, die Schmerzen lindern.

Tee
1 gehäufter TL Blüten, 1/41 Wasser Zubereitung: Nur aufbrühen, kurz ziehen lassen. Anwendung: Schluckweise trinken.
Kopfdampfbad

1 gehäufter EL Blüten, 1 1 kochendes Wasser Topf oder Schüssel, Handtuch

Zubereitung: Blüten mit dem
Wasser in dem Topf oder der Schüssel abbrühen.

Anwendung: Handtuch über den Kopf breiten, über Topf oder Schüssel beugen und die aufsteigenden Dämpfe einatmen.

Öl
1 Handvoll in der Sonne gfepflückte, frische Blüten kalt gepresstes Olivenöl, Fläschchen Zubereitung: In das Fläschchen die Blüten locker bis zum Hals füllen, mit Öl übergießen (das Öl muss die Blüten bedecken). Flasche gut verschließen, 14 Tage in der Sonne stehen lassen. Dann im Kühlschrank aufbewahren. Anwendung: Auftragen.
Maria Treben: Aus meinem Rezeptschatz
Kräuterkissen
1 Handvoll getrocknete Blüten, 1 Leinensäckchen Zubereitung: Säckchen mit Blüten füllen, zuheften und in einer trockenen Pfanne gut erwärmen. Anwendung: So warm es vertragen wird, auflegen.
Umschläge:
1/41 kochende Milch, 1 gehäufter EL Blüten Zubereitung: Milch über die Blüten gießen,
kurz ziehen lassen und abseihen.

Anwendung: Mit dem warmen Sud ein Leinentuch oder eine Mullbinde tränken und auf der zu behandelnden Stelle einen Umschlag machen.

Salbe

250 g Schweinefett, 1 gehäufte Doppelhand frische Blüten, Pfanne Zubereitung: Fett wie zum Ausbacken erhitzen, Blüten hineingeben, umrühren und vom Herd nehmen. Pfanne zudecken, über Nacht in einen kühlen Raum stellen und am nächsten Tag nochmals leicht anwärmen. Blüten durch ein Leinentüchlein pressen. Dazu legt man ein Leinentüchlein in ein Sieb, hängt dieses über ein Schnabelgefäß und presst aus. Salbenmasse dann gleichmäßig verrühren und in saubere Gläser oder Tiegel gießen. Anwendung: Vorsichtig einreiben.